Fair Play für das Evangelium?

Als die Initiatoren vor 50 Jahren einen Verein mit dem etwas unhandlichen Namen „Konferenz evangelikaler Publizisten“ gründeten, hatten sie ein klares Ziel vor Augen: „Mehr Evangelium in den Medien“. Damit verbunden ist die Frage, wie Christen ihre Anliegen öffentlich kommunizieren können, und wie sie für sich selbst faire Behandlung und Beurteilungen durch die Medien erreichen.…

Ulrich Effing

Ulrich Effing startete sein Berufsleben in der Lokalredaktion einer Tageszeitung, nach Stationen in einem Wirtschaftsverlag, einer PR-Agentur und einer Pressestelle in der Energiewirtschaft war er zuletzt 18 Jahre lang Leiter der Unternehmenskommunikation der internationalen Deichmann-Gruppe mit Sitz in Essen. Heute berät er Organisationen und Unternehmen in Fragen der strategischen PR und Krisenkommunikation. Er ist Mitglied im Vorstand der Christlichen Medieninitiative pro.

Der Wind im gesellschaftlichen Diskurs ist rauer geworden. Und so müssen sich fromme Christen vermehrt Anfragen stellen, ob sie eventuell intolerante „Evangelikale“ sind, man sie vielleicht als Fundamentalisten und radikal verorten muss. TV-Dokumentationen und Internetforen bieten reichlich Anlass, sich zu erklären. Gemeinden und christliche Werke stehen dieser Entwicklung oft hilflos gegenüber. Nicht selten gehen sie verunsichert auf Tauchstation, statt sich öffentlich zu äußern.

Der Satz des Philosophen und Psychotherapeuten Paul Watzlawick ist so legendär wie zutreffend: „Man kann nicht nicht kommunizieren.“ In der Tat: Auch ohne Worte stehen wir immer im Austausch mit unserer Umwelt. Wer eine Mail, einen Anruf oder einen kritischen Online-Kommentar ignoriert, sendet auch eine Botschaft – ob er will oder nicht. Für viele – gerade auch kirchliche Organisationen – ist Öffentlichkeitsarbeit noch immer ein Gebiet, das sie nur zögernd betreten. Zu groß ist die Furcht vor kritischen Medienanfragen und schwer abzuschätzenden Problemlagen. Hinzu kommen inzwischen auch zahlreiche Social-Media-Kanäle, die mit ihren möglichen Shitstorms manchem Verantwortungsträger wie ein bedrohliches Labyrinth erscheinen, dessen Spielregeln man nicht wirklich versteht. Das Problem dabei ist, wie Paul Watzlawick bemerkte: Man kann sich eben nicht aussuchen, ob man kommunizieren möchte oder nicht. Doch Wehklagen hilft an dieser Stelle nicht weiter. Christliche Werke, Organisationen und Gemeinden sind Teil der Öffentlichkeit und müssen akzeptieren, dass sie Gegenstand der medialen Berichterstattung werden oder in Internetforen mit kritischen Kommentaren konfrontiert werden. Umso wichtiger ist, dass man die Spielregeln kennt. Man kann nur beeinflussen, was man versteht. Ziel sollte sein, Kommunikation als Chance zu begreifen und nicht als Last. Wer seine Stimme erhebt, kann seine Position erklären.

„Du sollst nicht lügen“

Fakt ist: Journalisten haben ein legitimes Interesse an der Information und Aufklärung ihrer Leser. Bedeutet: Medien haben in der Regel den Eigenanspruch, gründlich zu recherchieren, wichtige Informationen zu sammeln und auch Missstände aufzudecken.
Gleichzeitig sind Unternehmen oder Organisationen nicht nur Gegenstand der Berichterstattung. Es liegt auch in ihrem eigenen Interesse, ihre Ziele und ihr Handeln zu erklären. Das kann über die klassischen Medienkanäle geschehen, die von Journalisten bedient werden. Zunehmend läuft das aber auch über eigene und fremde Social-Media-Kanäle und natürlich über die Website. Für alle Bereiche gibt es vielfältige Möglichkeiten in der Kommunikation, aber auch strategische Grundlagen, die in jeder Organisation definiert und verankert sein müssen. Strukturierte Kommunikation gedeiht nicht zufällig.

Informationen über die eigene Organisation sollten für Journalisten professionell zugänglich gemacht werden. Das geht los mit dem Pressekontakt auf der eigenen Website, ergänzt durch Bildmaterial und wichtige Basisinfos und der Bereitschaft, Auskunft zu geben, wenn man gefragt wird.

„Ziel sollte sein, Kommunikation als Chance zu begreifen und nicht als Last. Wer seine Stimme erhebt, kann seine Position erklären.“

Wer den Anspruch erhebt, öffentlich gehört zu werden, muss auf Transparenz setzen, auch und gerade dann, wenn ein Thema vielleicht schwierig wird. Die Akzeptanz der eigenen Medienarbeit hängt ab von ihrer Professionalität und dem Verständnis für die Bedürfnisse von Journalisten, die ihrem Tagesgeschäft nachgehen. Letztlich geht es um den Aufbau von Vertrauen bei den Medienvertretern durch eine faire und transparente Informationsstrategie. Dazu gehört auch, dass man Fehler einräumt, wenn sie passiert sind. Auch hier gilt das achte Gebot: „Du sollst nicht lügen.“ Nach meiner Erfahrung gilt gerade auch in der Medienarbeit der Satz: Ehrlich währt am längsten. Natürlich muss man nicht ungefragt alles erzählen, was wahr ist. Aber das, was man sagt, muss wahr sein.

Vorbereitung auf die Krise

Wenn die Krise erst einmal vor der Tür steht, ist es zu spät, sich Gedanken über mögliche Strategien und Abläufe zu machen. Was man in einer Kommunikationskrise am wenigsten hat, ist Zeit. Schweigen oder die Aussage „Das kommentieren wir nicht“, sind dann in der Regel untaugliche Instrumente. 

Je früher sich eine Organisation damit befasst, wer wann und wie kommunizieren kann und wie die Verantwortlichkeiten innerhalb der Organisation sind, umso mehr besteht die Chance, die Kontrolle über Kommunikationsabläufe zu behalten und eine Blockadehaltung zu vermeiden. Nur wer informiert, hat die Chance, seine Außenwahrnehmung mitzugestalten. Es ist wichtig, dass Organisationen verstehen, welche Auslöser es für Kommunikationskrisen gibt und wie sich diese entwickeln können. Die Erfahrung zeigt: Krisen ohne professionelle Kommunikation können drastische Folgen haben: Unruhe innerhalb der Organisation, der Verlust von Glaubwürdigkeit und vielleicht auch von finanzieller Unterstützung. Nur wer sich vor einer Krise ehrlich mit möglichen Risiken befasst und interne Abläufe festgelegt hat, behält in der Ausnahmesituation den Überblick. 

Dazu gehört auch der Mut, frühzeitig nach internen Schwachstellen zu suchen und diese innerhalb der Organisation zu benennen. Dafür gibt es in der Regel keinen Beliebtheitspreis. Erschwert wird die ehrliche Analyse oft durch die Belastungen des Tagesgeschäftes, die den Blick auf interne Risiken verstellt und eine strategische Planung verhindert. 

Hier kann professionelle Beratung helfen, die eigene Situation mit Abstand ehrlich zu analysieren. Idealerweise steht am Ende des Prozesses ein klarer Fahrplan für die Bewältigung von Kommunikationskrisen. Dazu gehört das Wissen über die Basisanforderungen einer glaubwürdigen Krisenkommunikation. Vor allem Führungskräfte müssen bereit sein, sich in solch einer Situation unbequeme Fragen stellen zu lassen. Das gilt auch und gerade, wenn Fehler der eigenen Organisation aufgedeckt werden. Das ehrliche Einräumen von tatsächlichen Fehlern und Versäumnissen sollte selbstverständlich sein und ist beim Werben um Vertrauen der Königsweg. Hier bietet auch die Christliche Medieninitiative pro ihre Unterstützung an. Spezielle Seminare vermitteln das nötige Know-how, aber auch individuelle Beratung durch ein Netzwerk von Experten kann eine entscheidende Hilfe sein. 

Und wenn doch etwas schiefgeht?

Am Ende bleibt die Frage, was ist zu tun, wenn man doch – vielleicht sogar schuldlos – Opfer einer falschen Berichterstattung wird? 

In manchen Fällen ist juristische Unterstützung sinnvoll. Vor allem wenn die Emotionen hochkochen, kann der Rat eines Fachanwaltes für Medienrecht sinnvoll sein, um die eigene Situation sachlich einzuschätzen. Das muss nicht bedeuten, dass man einer Redaktion gleich mit juristischen Schritten droht – im Gegenteil. Nach meiner Erfahrung kann es eher dazu beitragen, sachlich und mit kühlem Kopf zu reagieren, wenn intern der Ärger hochkocht.

Am Ende gilt: Auch ein Shitstorm geht vorüber. Es ist also wichtig, über den Tag hinaus zu planen. Nur wer in der Krise die Nerven behält, legt das Fundament für eine zukünftig erfolgreiche Kommunikationsarbeit. |

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