Der neue Vorsitzende des Zentralausschusses des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Heinrich Bedford-Strohm, beobachtet innerhalb der russisch-orthodoxen Kirche auch eine kritische Haltung gegenüber dem Krieg Russlands gegen die Ukraine. „Es gibt innerhalb der russisch-orthodoxen Kirche Geistliche, die mit Putins Angriff konform gehen, andererseits aber auch viele, die mit großer Sorge auf den Krieg schauen und ihn kritisch sehen“, sagte Bedford-Strohm im Interview mit dem Christlichen Medienmagazin PRO.
Bedford-Strohm, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, war von 2014 bis 2021 Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Auf der Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen in Karlsruhe im September 2022 wurde er zum Vorsitzenden des Zentralausschusses gewählt.
„Teile der russisch-orthodoxen Kirche auf Distanz zu Putin“
An der Vollversammlung nahm auch eine Delegation der russisch-orthodoxen Kirche teil. Dies hatte unter Teilnehmern und Beobachtern für Kritik gesorgt. „Die Tatsache, dass die russisch-orthodoxe Delegation an der Vollversammlung in Karlsruhe teilnehmen konnte, war angesichts des Krieges in der Ukraine keine Selbstverständlichkeit. Ich selbst habe mit einigen Haltungen innerhalb der Delegation zu dem Konflikt allergrößte Probleme. Dennoch habe ich mich dafür eingesetzt, dass die russischen Geschwister nicht ausgeschlossen wurden“, so Bedford-Strohm gegenüber PRO.
An keiner Stelle der Vollversammlung habe es Propaganda für Putin gegeben. Vielmehr habe er beobachtet, dass Mitglieder der russisch-orthodoxen Delegation „auch eine Distanz zu Putin“ zum Ausdruck gebracht hätten. „Natürlich können sie das nicht laut sagen. Es nützt niemandem, wenn diese Menschen ins Gefängnis kommen. Umso mehr bin ich davon überzeugt: Es wäre das Falscheste, die Beziehungen abzubrechen. Wir müssen den Krieg laut und deutlich verurteilen, wie es die Vollversammlung getan hat. Aber wir müssen auch miteinander reden. Ich bin mir sicher, dass die Delegierten durch die Begegnungen anders nach Russland zurückgefahren sind, als sie gekommen sind“, sagte Bedford-Stohm weiter.
Unsere Aufgabe: „Christus bezeugen“
Zudem könne er die Angst der Menschen vor einer weiteren Eskalation des Krieges in der Ukraine verstehen. Umso wichtiger sehe er die Hauptaufgabe des ÖRK darin, „Christus zu bezeugen“. Es gehe nicht vorrangig um Politik, sondern darum, die Not von Menschen zu sehen. „Wenn wir uns also dafür einsetzen, dass diese Ursachen überwunden werden, dann ist das ein Christus-Zeugnis. Beten, Christus ins Zentrum rücken, damit wir Kraft zur Versöhnung bekommen und alles tun, was wir können, um menschliche Not zu überwinden, darum geht es. Das eine lässt sich nicht vom anderen trennen. Wer fromm ist, muss auch politisch sein.“
Das gesamte Gespräch mit Heinrich Bedford-Strohm lesen Sie hier:
https://www.pro-medienmagazin.de/bedford-strohm-viel-nachdenklichkeit-bei-russisch-orthodoxen/