Der Friedens- und Konfliktforscher Rafael Biermann, Leiter des Lehrstuhls für Internationale Beziehungen an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, hält eine Berichterstattung ausländischer Medien aus Russland für essentiell und fordert eine differenzierte Berichterstattung über die Konsequenzen von Sanktionen.

„Wenn langfristig keine westlichen Journalisten mehr dort sind, hören wir keine originalen Stimmen mehr von dort. Viele Möglichkeiten der Beobachtung und auch von anderslautenden, regimekritischen Stimmen fielen damit weg“, sagte Biermann im Interview des Christlichen Medienmagazins PRO.

Professor Rafael Biermann (Foto: PRO/Jonathan Steinert)

Das von dem russischen Präsidenten Vladimir Putin erlassene Mediengesetzt, das unter Strafe stellt, über den Krieg zu berichten, sei ein Signal an die eigene Bevölkerung. „Wenn ihr euch gegen die Regierung und ihre Interpretation der Wirklichkeit stellt, müsst ihr mit schwersten Konsequenzen rechnen“, erklärte Biermann.

Putins Regime habe sich zu einem totalitären System entwickelt, was sich auch an dem Versuch zeige, die „totale Kontrolle“ über die eigene Gesellschaft zu erlangen und über die Informationen, die sie erhalte. „Vor allem die ältere Generation sieht kaum etwas anderes als Fernsehen. Dort wird sie mit Putins Propaganda indoktriniert. Bis bei denen ankommt, dass es eine andere Version des Krieges gibt als die offiziell dargestellte, das dauert lange“, sagte Biermann gegenüber PRO.

„Sanktionen können Schulterschluss mit der Regierung bewirken“

Eine wesentliche Frage sei es, ob eine der unterschiedlichen russischen Bevölkerungsgruppen die Stärke aufweise, von innen Druck auf Putin auszuüben und den Ukraine-Krieg zu beenden. Dies sei eines der Ziele der gegenwärtigen Sanktionen, die von westlichen Staaten gegenüber Russland verhängt wurden. 

„Wenn die Sanktionen gegenüber Russland dafür sorgen, dass die Bevölkerung nicht mehr an Bankkonten herankommt oder die Inflation so stark steigt, dass die Menschen verarmen, schafft das Spannungen. Bestenfalls erhebt sich das Volk und es kommt zu einem Regimewechsel“, so Biermann. Gleichzeitig könnten die Folgen internationaler Sanktionen auch einen Schulterschluss mit der Regierung bewirken, die dem Westen die Schuld an der Notlage gebe. 

Professor Biermann: „Es gibt derzeit eine starke Unterstützung für Sanktionen, teilweise werden noch härtere gefordert. Wichtig ist die differenzierte Berichterstattung, die unterschiedliche Meinungen zu Wort kommen lässt. Zum Beispiel Stimmen, die darauf hinweisen, dass Sanktionen auch nach hinten losgehen können.“

Das gesamte Interview lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des Christlichen Medienmagazins PRO:
https://www.pro-medienmagazin.de/magazine/pro-2-2022/